TopBlogs.de das Original - Blogverzeichnis | Blog Top Liste Das Elixier der Jugend Ein fantastischer Roman: Der Bettler Ende

Der Bettler Ende

Der Bettler schien meine Gedanken zu lesen und sagte zufrieden: „Siehst Du, warum wir dich hier- her geführt hatten?“ „Ja“, stammelte ich, „ich be- ginne zu begreifen. Doch wo sind wir eigentlich? Ich habe diesen Platz und diese Kirche im Stadt- plan überhaupt nicht gesehen.“ „Kannst Du auch nicht.“, kam die Antwort, „Dieser Ort ist dort nicht verzeichnet.“ „Ja aber doch gibt es ihn.“, entgeg- nete ich, worauf ich zur Antwort bekam: „Gewiss gibt es ihn. Unzählige Male — überall in der gan- zen Welt — für alle die sich führen lassen und die „sehen“ können.“ Der Bettler erschien mir auf einmal in einem viel strahlenderen Licht, als es die untergehende Sonne, ja die Sonne überhaupt hervorbringen konnte. „Wer bist Du eigentlich?“ stammelte ich noch schwach. „Du bist doch gar kein Bettler.“ „Oh doch“, entgegnete er. Ich bin die fleischgewordene leidende, hungernde, aber auch erlöste Menschheit. Ich bin –– Du!“

Mit diesen Worten erfasste mich ein irrsinniger Schwindel und ich stürzte ohnmächtig zu Boden. Als ich die Augen wieder aufschlug, lag ich auf einer Bank des prächtigen Domplatzes mit seiner wunderbar verzierten Kathedrale. Dort hatten mich fürsorgliche Passanten hingelegt, bis der Notarzt eintreffen würde, den wir aber nun nicht mehr brauchten. Dieses gewaltige Erlebnis an einem so stillen Urlaubsnachmittag werde ich nie vergessen und allen erzählen, die bereit sind, mir zuzuhören, auch wenn sie mich dann für verrückt erklären werden.


Doch das ist mir egal. Ich muss es einfach, wie einen geheimen Auftrag folgend, weitergeben, um vielleicht auch anderen den Weg zu weisen, denn mein Leben hat sich seit diesem Tage grundlegend geändert. Ich grübele und zaudere nicht mehr, sondern lasse mich, noch mehr als früher, führen. Meine bisherige Angst vor dem Morgen ist wie weggeblasen. Ich sehe immer den verklärten Bettler vor mir und spüre ihn in mir und unwillkürlich denke ich dabei an die Jesus- worte am Schluss des Matthäusevangeliums:
„Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“


An dieser wunderbaren Erfahrung soll ich aus Scheu, für einen Spinner gehalten zu werden, nicht andere teilhaben lassen? Ob Sie, ob Du, der jetzt diese Worte liest oder hörst, sagen soll- ten: „Womit habe ich bloß meine Zeit hier verlo- ren!“ ist aber unerheblich. Eins weiß ich nämlich: Das Bild des Bettlers, dass ich gezeichnet habe, wird Dir nie, nie wieder aus dem Kopf gehen und Du wirst Dich, genau wie ich, noch nach vielen, vielen Jahren daran erinnern. Vielleicht erzählst Du es ja sogar weiter, Deinen Kindern oder En- keln, denn die hören solchen Geschichten be- kanntlich gerne zu, sind sie doch noch nicht so schrecklich „erwachsen“ wie wir alle.

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